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absolute schwachstellen

und dann sitzen wir da, sie und ich und sie gibt mir den platz, mein leben revue passieren zu lassen.

ja, wo wäre ich, wenn ...

ich hätte verloren gehen können in dem, das sich "rotlichtmilieu" nannte, in der kleinen stadt, in der ich aufwuchs. verloren gehen können zwischen den mädchen vor der bar, die einen cocktail bestellten (orangensaft mit grenadine auf eis) oder champagner (kindersekt) zwischen den "auftritten" auf der kleinen bühne, die sich an die stange klammerten, als wäre sie der einzige halt in ihrem leben.
ich hätte verloren gehen können in den drogen, die es schafften, die distanz zu halten, als wäre das alles nur ein film.

aber kleinen "bourgoisie-mädchen" sind davor gefeit, finden sicher immer ihren "retter", der sie zurückbringt an die uni, zurückbringt dahin, wo das haus im grünen winkt und das gemeinsame kind (zusammen mit dem hund), der sie zurückholt in eine spießigkeit, die so vertraut erscheint und dennoch sosehr den atem nimmt.
68 kam spät in unsrer kleinen stadt. spät genug, um als teenager noch einen hauch davon zu erschnuppern. den hauch, der so wenige jahre später die verlogene idylle zerschlug.

wie knapp ich dem leben entging, in dem ich gelernt hätte, was immer erlernenswert war - "erwachsen sein".

was wäre gewesen, wenn?

"über die postmoderne gestoplert und im biedermeier gelandet" schrieb ich damals.

im allerletzen moment doch wieder die flucht.

und dann sitze ich hier mit ihr auf dieser couch.

die einzige "konventionelle beziehung", die ich je hatte, gestehe ich ihr, war henry, die einzige, die ich auch nur annährernd in der lage war zu leben und "ich" zu bleiben. und nicht einmal sie überlebte den alltag.
die schönste erinnerung an henry und mich, gestehe ich, ist die zeit , in der er mich verlassen hatte und kurz danach.
als er mich verlassen hatte, konnte ich ihn schätzen und vermissen, als er wiederkam konnte ich ihn genießen.
"vergessen sie nie", sage ich alban, wie es ist, zu vermissen. (zu genau weiß ich wie unglaublich schnell der alltag sein "grau" ausschüttet).

ein grau, dem june sich auch an der seite henrys nicht entziehen konnte.

"frag mich nicht, ob ich mit dir gehe!" schrie june einen sehr verdatterten jungen vor einer ewigkeit an, " frag mich, ob ich mit dir fliege!" (gut, ich gebe zu, das war auf LSD, aber war nicht weniger wahr, nur klarer formuliert).

und so ist es immer noch. tief in mir. ich vermisse, dass es mich zittern macht, das leben. und ich vermisse, das es schmerzt, weil nur das "ganz oben" zählt und das "ganz unten". weil nur das "leben" ist. weil "zufriedenheit" die lebenden toten widerspiegelt, weil ein warmes fußbad nur dazu dienen kann, die voraussetzung zu schaffen, die hornhaut wegzurubbeln.

"ich weiß nicht", sage ich, "wo ich suchen sollte, ich habe das beste hinter mir" und so viele bilder in mir, die unerreichbar scheinen. bilder, worte, zeilen, berührungen.

es wird noch ein "mehr" geben, vielleicht auch noch zwei, aber irgendwann werde ich es lernen müssen "anzukommen".

ein fluch ist das: jägerin zu sein und fluchttier zugleich. nur tauschen, nein, tauschen möchte ich nicht, nur manchmal, ganz selten, die zeit zurückdrehen.

und jetzt noch immer nicht schlafen gehen, obwohl ich todmüde bin ...

und dann stehe ich da vor diesem spiegel, frisch der badewanne entstiegen, gepeelt und eingecremt.

sehe vor mir ein objekt. eines, das sich gar nicht so schlecht macht, für sein alter. doch, ein körper, mit dem man leben kann. relativ norm- und marktgerecht. noch.
gut, das pölsterchen hier, das müsste nicht sein. und drückt man die oberschenkel, sind dellen erkennbar.
aber die wissenschaft hat festgestellt, dass ...
und zur not kann man dann immer noch ein bisschen operieren lassen. die chirurgie ist da ja schon recht weit. vielleicht ein bisschen die spärliche oberweite aufpolstern. noch ist sie ja zumindest recht straff.
und botox dann vielleicht, für die ersten fältchen, die schon drohen zu falten zu werden. obwohl da noch auch die kosmetikindustrie recht viel ermöglichst. die forschung schläft nicht, in einem so lukrativen bereich.

doch doch, das "werkzeug" da im spiegel, das entspricht schon noch - im großen und ganzen.
was ja auch wichtig ist. ist doch wissenschaftlich schon lange geklärt, dass frau in meinem alter ihre größte sexuelle potenz erreicht. nie so viel spaß hat an sex.

"du solltest wirklich wieder einmal sex haben", erkläre ich dem körper im spiegel. "das ist doch nicht normal".
was bist du? prüde? verklemmt? kommen irgendwelche katholischen muster durch, die du behandeln lassen solltest?
sex macht spaß. sex ist gut für deine psyche. und überhaupt für deinen körper. denk nur an die kalorien, die du dabei verbrennst. zudem: denk an deinen beckenboden!

keine frage: keinen sex zu haben und darunter zu leiden ist normal. sex haben zu können und keinen zu wollen - also bitte, das ist, naja, vielleicht nicht gerade "krank", aber zumindest bedenklich.
das muss einen grund haben. irgendwas stimmt nicht mit dir."

sexualverbot kontra sexualgebot.
ich bin so frei von zweiterem auch einfach mal die schnauze voll zu haben.

so "befreit", so "aufgeklärt" sind wir, dass freiheit in einem duschgel zu finden ist, dass selbstbewusstsein eine hautcreme schenkt und ein auto abenteuer.
so "befreit", dass leidenschaft in techniken, stellungen, praktiken gemessen wird, dass lust eine frage des "schluckens oder spuckens" ist, dass ein hand-in-hand domäne einer rosamund pilcher geworden ist ...


auch ich neige dazu, die befreiung zu zelebrieren.

... und BIN doch so viel freier in einer einzigen umarmung, in einem einzigen kuss.
bin die ohne fragen.

meine gedanken laufen im kreis, scheinen festzuhängen und dann wieder wirr zu springen. der körper mag nicht, rebelliert in altbekannter weise.

ist es wieder soweit?

"das mit dem authentisch sein, das ist noch so ein problem."

so schön und so schmerzhaft die geschichte - DIESE geschichte.

liebschaften, die mir ans herz gehen, ins herz dringen, immer nur im hotel oder bei mir. (niemals bei mir dagegen, ist mein herz nicht dabei).
vielleicht aus diesem grund. vielleicht, weil ICH nicht den mut habe zur wahrheit.

vielleicht ist auch genau das noch die erfahrung, die mir fehlt.


mbiusschleife

wieder und wieder hält er meinen traum in seinen händen. federleicht und klein streckt er ihn mir mühelos entgegen und alles in mir ist sehnsucht, warme, helle, glückliche sehnsucht.
und wieder und wieder lächelt er immer noch, während seine hand sich öffnet, die hoffnung fällt und sein fuß sie unter sich begräbt, die kleine, zarte, zähe, die sich gebärdet wie ein phönix um wieder und wieder das spiel von neuem zu beginnen.

pawlow's hund und schrödingers katze.
möbius lächelt.


die schwere hält mich fest in ihren armen. ihre hand an meiner kehle ist nichts in mir, das kämpfen wollte.

grundlos kann ich mich nicht wehren gegen die nacht, die meinen tag umklammert hält. es ist zu kalt unter der sonne - und das zu lange schon.

wieder und wieder.

manchmal ist es, als würde er aus dem dunkel auftauchen und wieder ins dunkel verschwinden. so keine vorstellung davon zu haben, was in ihm und um ihn herum vorgeht, macht ihn zum absolut fremden.
ich auf der bühne und er im dunklen zuschauerraum. dieses bild habe ich schon lange, zu lange vielleicht und dann auch immer wieder den wunsch, mich selbst hinter dem vorhang zu verstecken.
manchmal wütend, manchmal traurig, oft genug ängstlich.

das sind die momente, die tage, an denen ich beginne "zuzuschlagen", mit blicken, mit worten.

hilflos.

"komm da raus! lass dich ansehen!
zeig mir etwas von dir.
das kann auch hässlich sein, das macht nichts, ich liebe dich genug, um auch deine schlechten seiten und zeiten zu wollen, nur bitte sei nicht so ...
sei nicht so "fremd" für mich."

frau mond habe ich verpasst diesen juli. nicht, dass sie mir nicht ins bett geschienen hätte, nicht, dass sie mir nicht den schlaf geraubt hätte, nur meiner kamera, der ist sie entkommen.

kein julimond somit, nicht 2005.

zudem: heute müsste sie voll sein.
einfach für mich.

als zeichen, als der schnitt, für den sie steht, für den sie immer stand.

der pflug, der die furchen reißt in meinen körper und meine seele ist sanft geworden.

der körper schweigt,
das herz versteht.

und umarmt.

und wenn an manchen abenden sich alles verkrampft,
wenn an manchen tagen das aufrechttragen des kopfes zur beinahe nicht zu bewältigenden aufgabe wird,
erst recht das lachen und scherzen,
wenn das kartenhaus der mimikry sich so unendlich danach sehnt hinter der gerade ins schloss gefallenen wohnungstür endlich zusammenfallen zu dürfen ...

wenn splitter und scherben sich in nackte haut bohren (nicht nur die der füße),
wenn die welle über dem kopf zusammenschlägt,
die luft zum atmen nimmt,
träume mit sich reißt und mehr ...

wenn die wütende enttäuschung hohe wogen geschlagen hat ...

was kann dann noch gefunden werden in den trümmern der verwüstung?

manchmal ein juwel.
eines, das einen namen hat: erinnerung.

und das juwel hat eine stimme und spricht zu mir, wenn es ganz still geworden ist nach dem sturm.

es sagt:
"mach mich nicht falsch, mach mich nicht schlecht.
ich bin was ich bin, was ich bin und du in dir trägst.
ich bin echt.
und das kostbarste, das dieses leben dir zu geben hat.

eine erinnerung.
eine schöne.

so wunderschön, dass du darum weinst.
in bernstein gegossenes glück.
das bin ich."

und so nehme ich mein bernsteinglück von gestern,
halte es ganz fest in meiner hand, bis es warm wird und beinahe zu zucken beginnt, als wäre es noch am leben.

und presse es an meine lippen um ihm leben einzuhauchen.
zumindest leben genug für eine nacht und einen traum.

es hätte ein besseres schicksal verdient ...

... finde ich.

lernte June. Nein, nicht nur den Spaß am Sex, den auch.

Vor allem lernte sie viel über die wunderschönen Worte, Gesten, Blicke, die Männer so schenken können als Gegenleistung für ein stück Fleisch.

ICH habe sie
ich HABE sie
ich habe sie GEHABT.

Und über den Schmerz, der bleibt, wenn man sich als vermeintlich begehrtes, ja geliebtes Wesen wiederfindet als Eroberung von gestern.

Ich habe sie GEHABT.

Und so traf June den Entschluss sich ficken, aber nicht mehr "haben" zu lassen. Und den Körper zu teilen mit dem "Eroberer", die Seele, das Herz, Sehnsucht, Träume, Liebe jedoch zu verschließen.

Unter manchmal mehr als sieben Siegeln.

Lieber sich selbst verbrennen als verbrannt werden.
Auch um den Preis zu verlieren, was sie immer begleiten wird.

Als die Wunde, die sie sich selbst schlug größer war, als die, die ihr jemals ein Anderer zugefügt hatte begriff sie, dass ganz selten im Leben aber doch, einer auch etwas passieren kann, das JEDES Risiko wert ist.
Und dass Mauern nicht nur schützen.

Und stand wieder am Anfang und steht da immer noch.
Und hat ficken wieder getauscht gegen Liebemachen.
Machen.
Formen wie aus weichem Lehm,
manchmal hauen wie aus hartem Granit.

Liebe.

Die alles ist, was blebt, was Wert hat - irgendwo, am Ende der Straße.

Und lässt sich wieder Wunden schlagen.
Manchmal mit freiwillig gebundenen Händen.

Doch wer will leben, der sich nicht verletzlich, der sich nicht sterblich macht?

Menschlicher denn je

jetzt
hier
June.

 

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