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just me

Trüb und regnerisch ist es heute schon seit dem frühen Vormittag. Ich sitze alleine in meinem Hotelzimmer und genieße die Ruhe. Vielleicht, wenn sie sich heute nicht mehr zeigt, die Sonne, gönne ich mir eine Massage, eine Schlammpackung oder eine Gesichtsbehandlung.

Das ist das Schöne am Beginn eines Urlaubs, das Gefühl zu haben, man habe unendlich viel Zeit und gegen Ende gibt es dann viel zu viele Dinge, die man nicht gemacht, nicht gesehen hat. Ein bisschen ist das das Leben im Kleinen ...

19:38 Ortszeit.

Kurz nachdem ich obigen Beitrag geschrieben hatte, begann es heftig zu regnen und hörte gerade erst wieder auf, es ist kühl geworden, sehr kühl, ich ging also im Jogginganzug zur Strandbar, um eine Kleinigkeit zu essen, später ins Dampfbad und dann zur Gesichtsbehandlung.

Im Ruheraum bin ich eingedöst, mit dem wohligen Gefühl totaler Entspannung und dann war er da, einfach so, setzte sich auf die Liege neben meiner und sah mich nur an, mich, die da lag mit Herzklopfen und kein Wort herausbrachte. Als er aufstand und seine Hand nach mir ausstreckte, um mir eine Haarsträhne aus dem Gesicht zu streichen schreckte ich hoch ...

Ein bisschen zittere ich immer noch.

"Doderer schätzt sie ausschließlich wegen seiner Peitsche.", schrieb er über die Zeemann. "Sie braucht das, er gibt es ihr. Aus."

Und ich lese die Geschichte, lese "Die Jungfrau und das Reptil", lese wie sie sich fühlt als sie ihn kennen lernt, lese, wie sie fünfzig Tage mit ihm auf Reisen ist, lese "Ich denke an Doderer.Immerzu denke ich an ihn, ..."
Lese: "Seine Trauer ist körperlich und fährt in mich wie ein Hieb: Aus, denke ich. Aus."
Lese: "Ich bin überwältigt von seinem Vertrauen und streichle den bösen Drachen besänftigend, denn ich mache nichts so gern, als gerade mit ihm, dem Geliebten etwas zu erarbeiten."
Lese: "Ein Gefühl wird mir in den Rachen zurück gestopft, ich werde um den Sinn eines Zusammenseins, einer Beziehung, einer Zuneigung betrogen, wenn man mich abschaltet wie den elektrischen Strom."

Und einmal mehr frage ich mich: Meint er wirklich das, was er schreibt, oder ist es vor allem Provokation, Provokation um der Provokation willen.

"Halt den Mund und mach die Beine breit."
Da reißt es endlich, das Band, so weich, so biegsam, so bereit zu verzeihen ich auch sein mag, vielleicht liegt gerade hier die Ähnlichkeit zu ihr, die ich in mir zu entdecken vermag, zu lieben, zu begehren, zärtliche Gefühle zu haben, nicht vor allem *weil* ..., sondern *trotz* ...

vor Gefühlen, vor Gedanken, die herausplatzen wollen aus mir und zu intim, zu spontan sind, sogar für hier, würde ich sie formulieren, ich müsste sie, sollte ich sie online stellen, sofort wieder löschen (wie ich das so oft tue).

Ja, ich drohe zu zerplatzen vor Fragen, Gefühlen, Sehnsüchten.
Ja Fragen, vor allem unbeantworteter Fragen, die mir im Kopf toben und ebenso im Herz. Ich möchte schreiben, schreiben, schreiben ...
Wäre ich nicht so sehr zu müde, sie zu verklausulieren, so, wie es sich gehört,

"Quäl mich nicht", war seine Antwort auf meine Frage wie es denn aussehe mit meiner Bitte um ein "letztes Mal", darum, dieses seltsame Wunder noch einmal ganz bewusst zu erleben. In meiner Fantasie war es das, was Eva ein "Lustfest" nennt. All die Eindrücke noch einmal fühlen, ein letztes Mal, so intensiv, wie man nur erlebt, wenn man weiß, dass es die letzte Möglichkeit ist, all das in jeder Zelle zu speichern, so unauslöschlich, dass man sich nie wieder die Frage stellen muss: "Wie war das genau?", bis die Erinnerung nicht mehr wichtig ist, was bei mir noch nie der Fall war, wenn es um wirklich wichtige Empfindungen in meinem Leben ging.

"Dein verdammter Stolz ...", hatte er vor kurzem noch geschrieben.

Was für ein Stolz? Was für ein Stolz ist noch übrig, wenn man nach all dem noch so eine Bitte äußert? Da gibt es keinen Stolz mehr. Ich war mir nie zu stolz auf ihn zuzugehen, mein Stolz war nie groß genug, ihn abzuweisen, egal wie viele und wie gute Gründe es dafür gab. Ich war oft genug wütend auf mich ob meines mangelnden Stolzes, er wurde mir auch vorgeworfen, ganz zurecht.

"Quäl mich nicht."
Nein, ich werde ihn nicht mehr "quälen". Nicht mehr mit meinem Begehren, nicht mehr mit meiner Zuneigung, nicht mehr mit meiner Sehnsucht. ...

ich bin doch kein Unmensch.

Wie dankbar ich ihm bin für sein Feingefühl. Wie aufgehoben und geborgen ich mich dadurch fühle. Sein "Ich glaube, es ist besser, wenn ich jetzt doch gehe, ich glaube, du wärst jetzt lieber allein" so ohne Vorwurf, so zärtlich, war wunderbar und hat mich einmal mehr beschämt. Er kennt mich so viel besser, als ich ihm zugestehe.

Das Mich-Verkopfen war so unnötig, es war ein wunderbarer Abend. Ja, jetzt geht es mir wieder gut, ist alles in mir wieder an seinem Platz, ich in meinem Zentrum, gestreichelt, gefickt, angenommen, verstanden. - Just me.


und keine Sekunde für mich seit Dienstschluss. Jetzt noch Besuch bis gerade eben. Ja, ich weiß, ich sollte besser haushalten mit meinen Energien, aner das ist es, was ich an Freitagen so mag: Sie geben mir so viel Spielraum in "der Zukunft" das aufzuholen.

Im Grunde genommen sind Freitagabende die genialsten von allen.

[Er erzählt davon, wie verliebt er ist, er erzählt von Anderen und ich würde es so gerne glauben, wäre so gerne wirklich nichts als eine Freundin, während seine Hand versucht die meine zu greifen, er mich umarmt (als vermeintlichen Dank für einen guten Rat und zu viel nackte Haut zu ertasten versucht). Wiesehr hatte ich gehofft, das klar gestellt zu haben, wie klar hat er es signalisiert (und tut es immer noch), er hätte es begriffen und akzeptiert. Wiesehr strafen seine Berührungen und seine Blicke ihn Lügen.]

Was? so frage ich mich, als er gegangen ist nach der dritten Aufforderung und der fünften Umarmung - was ist das denn wirklich für eine "Freundschaft?" Unsere oder eine, in die er sich fügt, weil ihm keine andere Wahl bleibt? ... Und wünsche so, ich täte ihm Unrecht.

Was würde bleiben von "uns", würde ich ihm das geben, was ich denke, dass er *eigentlich* will?

Bis zum Wochenende sollte ich sie hoffentlich haben, die Bücher von Dorothea Zeemann, die ich bei div. Antiquariaten bestellt habe, und ich bin gespannter darauf als ich es jemals auf ein "Blind Date" war. Die Bröckchen, die *er* mir hinwirft vertragen sich so schlecht mit den Eindrücken, die mir die Freundin gegeben hat.
Gibt mir seine Lesart Aufschluss über das Werk? Oder über Ihn? Oder vor allem über sein Bild von mir? Diese Fragen sind es, die mich so gespannt warten lassen.

Ich kenne ja, neben den Schilderungen der Freundin nur ein paar Zitate. Auch auf das hier in Paul Reichenbachs "Tagebuch" wurde ich aufmerksam gemacht:

"Ich habe Achtung vor Dir", das sagt Rudolf. Das sagt Karl. Was fang ich damit an? Ich will den Respekt einer anständigen Erektion, nichts weiter.“

und ja, ich k e n n e das Gefühl, das solche Aussprüche - um nicht zu sagen Ausbrüche trägt ebenso gut wie das Gegenteil. Beides ist mir wohl im Schnitt gleichermaßen nah. Diese Diskrepanz (als eine von vielen) ist es, die die Frau, die mich schreibt dazu veranlasste, die Spaltung in Figuren wie "June" und "Anais" zu vollziehen als Behelf, um die beiden miteinander kommunizieren zu lassen oder auch selbst zwischen ihnen zu vermitteln, um die emotionale Verwirrung annähernd zu rationalisieren.

Heute Abend aber ziehen wir den Kopf wieder aus den Wolken und stellen die Füße auf den Boden. G. hat angefragt, ob er vorbei kommen dürfe und wie so oft weiß ich zwar, dass es gut tun wird, ihn zu sehen, ihn zu spüren und doch will sich die Vorfreude, die ich so liebe, nicht einstellen, die Nervosität, das leichte Zittern in den Nervenenden. Und wie so oft ist diese Abwesenheit schmerzhaft.

Es gibt immer wieder so Kleinigkeiten, die mich angenehm berühren, Kleinigkeiten, die an sich nicht der Rede wert wären, weil in gewisser Weise dann doch wieder so naheliegend, dass sie nicht verblüffend wären. Kleinigkeiten wie damals festzustellen, dass wir beide zur selben Zeit "Die Möglichkeit einer Insel" lasen oder jetzt, als ich, nachdem ich einer Einladung zu dieser Veranstaltung nicht folgen konnte und mir vorgenommen hatte, mir endlich etwas von ihr zu besorgen, erfuhr, dass er eines ihrer Bücher gerade "verschlungen" hatte - mit der "geheimnisvollen" Andeutung: "Ich "versteh" dich jetzt besser, vielleicht geht es dir selbst damit genauso."

Meine Neugierde ist groß, sicher mindestens ebenso groß wie die Angst davor, mich darin dann doch ganz und gar nicht wieder zu erkennen, mich einmal mehr missverstanden zu fühlen. Am liebsten hätte ich sie jetzt sofort hier, die Bücher, die ich heute bestellt habe. Vor allem auch, um die Gedankengänge der Frau zu erfahren, über die er denkt einen anderen Zugang zu mir zu bekommen. Es ist wie das Warten auf einen Spiegel, in der man sich zum ersten Mal sieht und von dem man weiß, dass er etwas Neues, etwas Ungewohntes zeigt.

Ich liebe es, wenn er mir solche Anstöße gibt - im Positiven wie im Negativen. So, wie ich es liebte als er mich tatsächlich dazu brachte Bücher, die ich lange schon voll Zorn weggeworfen hatte wie Otto Weiningers "Geschlecht und Charakter", wieder zu besorgen, nur um mich mit ihm darüber zu streiten. Ja, auch diese Auseinandersetzungen und die Leidenschaft mit der ich darüber in Wut geraten konnte, ja sogar für mich selbst toben konnte, habe ich genossen, auch das war für mich eine ganz besondere Form von außerordentlicher Verbundenheit.

auf etwas noch Erfreuliches - den letzten Abend bei Luigi zu viert, also in eigentlich erstaunlich kleiner, intimer Runde.
Es war schön, R. wieder zu sehen, der allerdings die letzte Zeit in Süditalien verbracht hatte, was dazu führte, dass beinahe die gesamte Kommunikation des Abends in Italienisch verlief und nur ich Deutsch sprach. Sosehr ich den Klang der Sprache mag, sehr leicht ist es nicht, Gesprächen zu folgen und so versuchte ich es oft gar nicht, sondern ließ meine Gedanken frei herumstreifen.
"R. wird immer attraktiver seit er die 50 überschritten hat", dachte ich bei mir und entdeckte Ähnlichkeiten, die mich unruhig werden ließen, auch wenn sie noch so peripher waren. Etwas schien er zu spüren, seine Blicke wurden immer intensiver.

Beim Abschied zog er mich zur Seite, und während der vier anstatt der üblichen zwei Küsschen lag seine Hand auf meiner Taille und er flüsterte: "Du warst immer schon eine attraktive Frau, aber du wirst von Jahr zu Jahr schöner und heute bist du eine wirkliche Schönheit." (Was natürlich auf Italienisch viel spielerischer, leichter klingt.)

Und kurz, ganz kurz überlegte ich, ob ...
Gut, dass man doch nicht nur älter, sondern doch auch besonnener wird.
Danke, mein Bedarf an Männern und Chaos ist gedeckt, das Kompliment für sich, das Kribbeln dabei, das war das, was wirklich gut tat.

 

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